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MASTER OF PUPPETS

  • Autorenbild: Christian Ehrhorn
    Christian Ehrhorn
  • 22. Feb. 2017
  • 5 Min. Lesezeit

„Hetz mich nicht!“ Viele, die diesen Satz hören, denken sofort an einen. Den frechen Vogel Frederic Freiherr von Furchensumpf. Er ist nur eine der Puppen von Bauchredner, Magier und Comedian Sascha Grammel. Im Juli 2017 ist er mit seinem neuen Programm „Ich find´s lustig“ zu Gast in Hamburg. Im Interview erzählte er uns, wie er zum Bauchreden kam, wie seine Puppen entstehen und wie er anderen etwas von seinem Glück abgibt.

Wat Los?: Du bist der wohl beste Bauchredner in Deutschland. Wie lange hat es gedauert, bis du das Bauchreden in dieser Form beherrscht hast?

SASCHA GRAMMEL: Ich denke, Ende 2025 beherrsche ich's. (lacht) Nein, im Ernst, natürlich höre ich gern, dass ich der "...wohl beste Bauchredner in Deutschland" sein soll, und es ist ja auch nicht so, dass ich das Bauchreden an 'nem verlängerten Wochenende beim Gemüsezupfen gelernt habe. Nein, nein, das war schon harte Arbeit und ein langwieriger und mühsamer Weg. Aber eigentlich ist man mit dem Üben doch nie fertig, nie am Ende, nie am Ziel, und es ist gerade beim Bauchreden und beim Puppenspiel schon sehr wichtig, immer weiter an der Technik und besonders dem Ausdruck zu arbeiten - schließlich soll das Publikum ja sofort vergessen, dass sie da eigentlich einem Typen zusehen, der Abend für Abend zweieinhalb Stunden lang Selbstgespräche führt. Die Illusion eines Dialogs sollte schon perfekt sein.

Wat Los?: In deinen Programmen baust du auch immer wieder Zaubertricks ein. Was war schwerer zu erlernen, das Bauchreden oder die Zauberei?

SASCHA GRAMMEL: Viele wissen ja: ich hab' als Zauberer angefangen, und Bauchreden ist ja auch eine Art „Zauberei“. Bauchreden vermittelt - wenn sie gut gemacht ist - die Illusion, dass ich mich mit einem lebendigen Wesen mit eigenem Charakter, eigener Biographie und eigenen Angewohnheiten, Einstellungen und Macken unterhalte. Irgendwann habe ich mich eher zufällig auf das Bauchreden und das Puppenspiel spezialisiert, und schließlich daraus eine eigene, neue Form, die "Puppet-Comedy" entwickelt und etabliert. Aber mein Herz schlägt trotzdem unvermindert auch für die Zauberei, weshalb ich doch nicht drum herum kann, in jedem Live-Programm auch - manchmal gut versteckte - Zauberelemente einzubauen. Die einen sind schwieriger, die anderen leichter. Die Frage kann man daher pauschal gar nicht so beantworten.

Wat Los?: Bauchreden gehört ja eigentlich zur Kleinkunst. Wie schwer war es, diese Kunst auf eine große Bühne zu bringen?

SASCHA GRAMMEL: Ich erinnere mich noch sehr genau daran, als plötzlich ein größeres Publikum auf mich aufmerksam wurde. Mein erstes Programm "HETZ MICH NICHT!" habe ich nämlich sowohl vor 50 wie vor 5000 Leuten gespielt - und es lagen nur schlappe zwei Jahre dazwischen. Ich habe mich zu Beginn sogar massiv gegen die großen Hallen gewehrt und wollt dort wirklich nur ungern auftreten, weil ich Angst hatte, dass der von mir doch so hoch geschätzte Kleinkunst-Charme auf den großen Bühnen verloren gehen könnte. Aber erstens war es irgendwann zum einen eine rein logistische Entscheidung auf Hallen "umzusteigen", zum anderen hat man auf großen Bühnen natürlich auch ganz andere optische und akustische Möglichkeiten, die ich heute auf keinen Fall mehr missen möchte. In Stadien, wie es einige Kollegen sehr erfolgreich machen, zieht es mich allerdings gar nicht.

Wat Los?: In deinen Shows sind besonders deine Puppen sehr beliebt. Wie sieht die Entstehung einer solchen Figur aus, sowohl des Charakters als auch des Aussehens?

SASCHA GRAMMEL: Das ist so unterschiedlich, wie die Puppen selbst. Mal ist die Stimme zuerst in meinem Kopf, mal ist es ein Thema oder ich habe eine Idee, wie die Puppe aussehen soll. Das ist ein komplexer Denkprozess, bis am Ende alles harmonisch zusammenpasst und man die Puppe als „Person“ akzeptiert und im besten Falle sogar lieb hat. Im Allgemeinen kann man sagen, dass die Entstehung einer neuen Figur, von der ersten Zeichnung bis zur fertigen Puppe in etwa ein Jahr dauert. Soll heißen: Ich stecke bereits mitten in der Planung für die nächste Show, obwohl „ICH FIND’S LUSTIG“ gerade erst auf die Bühne gebracht habe.

Wat Los?: Hast du eine Lieblingsfigur?

SASCHA GRAMMEL: Am liebsten eine sportliche. (lacht) Ich trainiere auch jeden Morgen hart dafür. Ab Mittag sorgt dann allerdings meine Ohnmacht gegenüber der Anziehungskraft von jedweder Art von Schokolade dafür, dass ich am Abend sicher weiß, wieso ich am nächsten Morgen wieder hart trainiere. Ich bin so etwas wie der geborene 24 Stunden-Jojo-Effekt.

Ach, Du meinst, welche meiner Puppenkollegen ich besonders mag? Das kann ich hier doch nicht so öffentlich sagen! Aber o.k., wenn Du's nicht weitererzählst: Am liebsten mag ich Josie. Und natürlich Frederic. Und Professor Hacke, Herrn Schröder und Ursula, Mieze, Huhn und den Käse der Wahrheit. Also alle. Außer Rüdiger.

Wat Los?: Was glaubst du, warum ist Bauchreden bei den Leuten so beliebt?

SASCHA GRAMMEL: Wenn ich das wüsste, hätte ich mir damals so manchen peinlichen Moment erspart. Wobei ich mir aber sicher bin, ist, dass die Menschen, die bei mir in die Shows kommen, sehr schnell spüren, dass ich liebe, was ich da tue. Mein Spaß, meine Freude, mein Lachen an dem Blödsinn auf der Bühne ist echt und vielleicht springt darum der berühmte Funke auch immer sofort über.

Wat Los?: Dein neues Programm heißt „ICH FIND’S LUSTIG!“. Bist du also dein kritischstes Publikum?

SASCHA GRAMMEL: Also vorweg: Ich find's wirklich lustig. Und es wäre ja wohl auch ein Ding, wenn ich mit einem Comedy-Programm vor die Zuschauer treten würde, das ich selbst nicht zu Einhundertprozent lustig finde. Es ist ja nicht zufällig so, dass ich manchmal wirklich vor Lachen selbst nicht weitermachen kann, denn - kleines Bauchrednergeheimnis - wenn ich lache, können die Puppen nicht sprechen.

Der Weg zu einem runden Programm ist aber - grad bei der "Puppet-Comedy" - oft ein steiniger. Comedy hat in meinen Augen etwas mit Mut zu tun. Denn man muss auf dem Weg zum lustigen Programm auch jede Menge schlimme "Rohrkrepierer" und Gags, die überhaupt nicht zünden wollen bei Testauftritten und Proben vor Publikum aushalten, bevor man ein fertiges Programm auf die Beine gestellt hat. An "ICH FIND’S LUSTIG" haben mein Team und ich zum Beispiel 22 Monate gearbeitet.

Wat Los?: Der beliebteste Spruch aus deinen Programmen ist wohl „HETZ MICH NICHT!“, welcher mittlerweile bei vielen schon in den täglichen Sprachgebrauch eingegangen ist. Hast du mit so einem Erfolg gerechnet?

SASCHA GRAMMEL: Ganz klar: nein! Und als ich zur RTL-Aufzeichnung von "HETZ MICH NICHT!" im Kölner Coloneum plötzlich auf einer Riesenbühne mit tausend Lampen, Superbühnenbild und 2500 Zuschauern stand, musste ich mich mehrfach kneifen, ob ich das nicht gerade nur träume. Und nochmal, als ich nach der TV-Ausstrahlung von Glückwünschen für eine unglaublich tolle Quote geweckt wurde.

Wat Los?: Bist du denn selber jemand, der es gerne ruhig angehen lässt?

SASCHA GRAMMEL: Sagen wir es so: der Programmtitel " HETZ MICH NICHT!" hatte sicher etwas Biographisches. Ich mache lieber etwas langsam richtig als schnell falsch. Der Titel des Folgeprogramm "KEINE ANHUNG" sollte dagegen klar machen, dass ich zwar zu allem bereit bin, aber zu nichts zu gebrauchen. Und mein aktuelles Liveprogrammel "ICH FIND’S LUSTIG" spricht denke ich für sich. Ich find's wirklich lustig. Und die Leute zum Glück auch.

Wat Los?: Du hast ja ursprünglich eine Ausbildung zum Zahntechniker gemacht. Wie kommt man von diesem Beruf zum Bauchreden?

SASCHA GRAMMEL: Man fragt einen Zahntechniker, wo Bauchreden wohnt, lässt sich die Strecke erklären, geht hin, klingelt, und wenn jemand zuhause ist, hat man's geschafft. (lacht)

Wat Los?: Du hast das Benefiz-Projekt “"LACHEN TUT GUT(es)!” gegründet. Was genau wird dort gemacht?

SASCHA GRAMMEL: Ich finde, wenn es einem gut geht, sollte man etwas von seinem Glück abgeben. Deshalb habe ich schon sehr früh den Charity-Gedanken mit mir herumgetragen. Mit meiner eigenen kleinen Benefiz-Idee "LACHEN TUT GUT(es)!“ im Kulturhaus Spandau, kann ich 12 mal im Jahr, vor 150 durchaus kritischen Besuchern neue Ideen ausprobieren, die Menschen vor Ort zum Lachen bringen und gleichzeitig Gutes tun. Seit 2007 unterstütze ich mit den Einnahmen aus der Show u.a. die "Roten Nasen", das sind speziell ausgebildete Clowns, die in Krankenhäusern versuchen Spaß und Gute Laune zu verbreiten und die es immer wieder auf liebevolle Weise schaffen, kranken Menschen mal für ein paar Stunden ihre Krankheit vergessen zu lassen. Ich finde das eine schöne und wichtige Aufgabe!

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