„Größer, verrückter und schöner!": Karoline Herfurth und Friedrich Mücke im Interview zum neuen
- Christian Ehrhorn
- 28. Sept. 2016
- 6 Min. Lesezeit
Sie sind das angesagteste Pärchen in der deutschen Kinolandschaft: Karoline Herfurth und Friedrich Mücke. Gemeinsam präsentierten sie ihren neuen Film „SMS für dich“ in Hamburg, der gleichzeitig Karoline Herfurths Regiedebüt darstellt. Wir trafen die beiden Schauspieler zum Interview und sprachen über die Erfahrungen hinter der Kamera und die Zukunft des deutschen Films.

Foto: © 2016 Warner Bros. Ent.
Wat Los?: „SMS für dich“ war dein Regiedebüt. War es schwer für dich, gleich zu Anfang vor und hinter der Kamera zu stehen? Karoline: Es war auf jeden Fall ein Prozess. Für mich war es ein großes Glück, dass man nicht gleich damit anfängt direkt am Set zu stehen, sondern eine Vorbereitungsphase hat. In der hat man schon die Schauspieler getroffen, das Drehbuch und die Dialoge durchgesprochen und die Figuren schon gebaut. Und dann beginnt der Dreh. Dann ist es auch natürlich eine Gewöhnungssache, nicht nur sich selbst zu beurteilen, sondern auch alle anderen
Wat Los?: Friedrich, wie hat sich deiner Meinung nach Karoline das erste Mal als Regisseurin geschlagen? Friedrich: Toll.
Karoline: Es ist immer so schön, wenn das gefragt wird und ich daneben sitze (lacht).
Friedrich: Weil ich das weiß und wir das auch schon ein paar Tage machen, haben ich jetzt mal etwas vorbereitet, was ich so noch nie gesagt habe. Hör mal ganz genau zu Karoline: Natürlich war sie sehr gut. Es kommt ja auch nicht so oft vor, dass Kollegen einen fragen, ob man in deren Film mitspielen möchte. Gerade weil wir noch nicht miteinander gearbeitet haben. Mich hat es schon sehr gefreut, weil Karoline eine Schauspielerin ist, die ich immer schon toll fand. Und ich dachte mir, wenn sie jetzt ihr Regiedebüt macht, ist das total interessant und spannend. Ich merkte auch recht früh, dass sie genau mich in der Rolle haben wollt und sie einen klaren Plan hatte. Das fand ich echt toll. Und in der Arbeit muss ich schon sagen, dass sie den Schauspielern Anweisungen geben oder Ideen und Inspirationen schaffen konnte, die wirklich vom Figureninnern bzw. vom Schauspielerzugang kamen. Im Grunde sehr spielerisch geprägt. Weil sie eben vom Schauspiel kommt. Und es ist toll, wenn man jemanden hat, der weiß, was er will. Und das hat von Anfang an total geklickt. Da war nie ein Zweifel, dass das was sie sagt vielleicht nicht stimmen würde. Man probiert einfach, miteinander einen Weg zu gehen. Auch in der Kommunikation. Sie testet einfach etwas aus. Und hat auch einen ganz klaren Zugang zum Stoff. Sie wusste wirklich, was der Film braucht, was die Szenen sollen und Figuren wollen. Und das ist natürlich ein ganz großes Geschenk. Das gibt es nicht so häufig.
Wat Los? Also macht es einen großen Unterschied, ob jemand mit oder ohne Schauspielerfahrung hinter der Kamera steht? Friedrich: Das macht einen riesen Unterschied, meiner Meinung nach. Ich sag jetzt mal nicht, was besser oder was schlechter ist. Es gibt natürlich Regisseure, die noch nie gespielt haben und einfach nur die eine Seite kennen. Was sie aber nicht schlechter macht. Karoline hat aber einfach eine wahnsinnige Erfahrung als Schauspielerin, die sie mit einbringt. Da muss ich dich fragen Karoline, hast du dich an jemandem orientiert?
Karoline: Ach Quatsch (lacht). Ich weiß gar nicht, ob man sich da überhaupt an jemandem orientieren kann. Ich habe selber Erfahrungen gesammelt und vielen Leuten über die Schulter gucken können. Ich hatte Projekte, die mir gut gefallen haben und Projekte, die mir nicht so gut gefallen haben. Aber letztendlich geht es nicht darum, was ich für eine Regisseurin bin. Damit beschäftige ich mich gar nicht. Sondern ich beschäftige mich damit, wie ich mit jedem einzelnen Schauspieler das erreichen kann, was ich mir für die Szene wünsche und was die Geschichte braucht. Ich werde oft gefragt, wie man dann so ist, hinter der Kamera. Und ehrlich gesagt, habe ich mir während des ganzes Prozesses gar keine Gedanken darum gemacht. Ich, bzw. wir, haben uns einfach auf den Inhalt konzentriert. Man wird auch immer gefragt, ob es komisch ist, wenn die Schauspielerin dann Anweisungen gibt. Ich glaube, das war für uns gar kein Thema.
Friedrich: Uns verbindet auch, dass wir auf der gleichen Schauspielschule waren. Und wir hatten früher Dozenten oder später Regisseure vom Theater, wo man wirklich eine Szene sechs Wochen probt. Und wenn man das macht, eine Szene sechs Wochen proben, dann stellt man die Fragen irgendwann genau. Und das macht Karoline. Das ist auch noch ein großer Unterschied. Dass sie nicht loslässt oder ruhig ist, bis alles diskutiert und hinterfragt wurde. Und die Gespräche drehen sich drei Mal, vier Mal um das gleiche Thema und kommen immer wieder. Also, da pocht sie schon sehr drauf. Aber das ist auch gut so. Sie leistet einfach eine genaue Arbeit.
Wat Los?: Karoline, hast du dir dein Regiedebüt so vorgestellt, wie es jetzt gelaufen ist? Karoline: Ich habe mir im Vorwege nicht so großartige Vorstellungen gemacht. Weil mir schon klar war, dass ich mir das gar nicht vorstellen kann. Ich glaube es wurde in allen Bereichen sehr viel besonderer und verrückter, größer und schöner, als ich es mir jemals hätte denken können.
Wat Los?: Werden noch weitere Filme von dir als Regisseurin folgen? Karoline: Also, ich bringe jetzt erstmal diesen Film in die Kinos (lacht). Und dann drehe ich erstmal einen anderen Film als Schauspielerin: Die kleine Hexe. Danach werde ich mich erstmal wieder sortieren und sehen, was das Leben so bringt. Ich habe auf jeden Fall sehr große Lust, das nochmal zu machen.
Wat Los?: Wir haben vor Kurzem mit Regisseur Dennis Gansel gesprochen. Er sagte uns, dass in Deutschland fast nur Komödien produziert werden, weil andere Genres hier nicht so gut ankommen. Könnt ihr sagen, warum das so ist? Karoline: Also, nicht so gut ankommen stimmt ja nicht. Es kommt natürlich auf das Thema an. Es gibt auch hier Genres, die möglich sind umzusetzen. Wenn du in Deutschland einen Film produzierst, dann hast du als Publikum den deutschsprachigen Raum. Das ist ein sehr viel begrenzteres Publikum, als wenn man für den Weltmarkt produziert. Aber hier im Kino laufen alle Filme aus der ganzen Welt. Amerikanische Filme haben ein ganz anderes Budget und einen ganz anderen Markt zur Verfügung, als deutsche Filme es jemals haben könnten. Und deswegen sind auch ganz andere Möglichkeiten geschaffen. Ein Fantasy-Film wie Harry Potter hätte hier niemals eine Chance. Weil das Budget des Films nie wieder eingespielt werden würde, selbst wenn alle Deutschen in Kino gingen. Und das ist einfach eine Schwierigkeit, die hat der deutsche Markt. Und die Konkurrenz aus dem Ausland hat er gleichzeitig. Da sind wir alle, glaube ich, immer dabei zu gucken, was ist möglich und was ist nicht möglich. Und da hört der deutsche Filmmarkt gar nicht auf zu suchen. Ich würde es nicht so abtun und sagen, man macht jetzt nur Komödien. Gerade Dennis Gansel ja auch nicht.
Wat Los?: Friedrich, du hast in der Mysery-Serie „Weinberg“ gespielt. Da Serien gerade sehr beliebt sind, wäre es nicht eine Möglichkeit, über Serien ein paar Genres in Deutschland abzudecken, die man im Film normalerweise nicht hat? Friedrich: Es ist absolut möglich. Und es bewegt sich auch alles gerade in diese Richtung. Ich empfinde es schon viel länger so. Da gab es vor Kurzem auch ein Statement der Produktionsfirma Clausen und Putz, dass sie es verstanden haben. Es muss weiter in diese Richtung gehen. Und dass sie jetzt auch probieren wollen, eine Serie zu machen. Und das ist auch eine logische Entwicklung. Gerade, weil Produzenten auch neugierige Menschen sind. Die möchten herausfinden, ob sie so eine Serie bewältigen könnten. Und die merken auch, wenn so etwas wie „Weinberg“ gemacht wird. Das war eine ganz tolle Erfahrung. Ich finde, auch ein mutiger Schritt nach vorne. Aber da geht noch so viel mehr. Es gibt jedoch auch immer wieder die Diskussion um die Mentalität. Dass man hier nicht scheitern darf. Doch man muss nur auf „Weinberg“ gucken. Es gab zwar bis jetzt nur das Pay-TV-Publikum, bald kommt es auf VOX im Free-TV. Aber die Serie wurde ziemlich gut aufgenommen. Und für mich ist der Weg in neue Genres schon beschritten. Und es kommt immer mehr.
Karoline: Und es werden ja auch schon wahnsinnig viele Serien gedreht. Der Markt entwickelt sich einfach in diese Richtung, genau wie der Zuschauer.
Friedrich: Ich habe auch wirklich das Gefühl, es wird immer mehr nach Möglichkeiten in Richtung Mystery und Horror geguckt. Was eben auch die Zuschauer anzieht. Da bin ich aber auch kein Produzent, der weiß, welcher Stoff sich für eine Serie anbietet. Es ist halt einfach nur wichtig, dass man einzigartig bleibt. Gerade im deutschen Bereich. Der Stoff muss einfach tief sein, verletzlich oder eben erschreckend. Oder einfach absurd und heftig. Man muss die Superlative finden. Und daraus etwas Eigenständiges kreieren und visualisieren.
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