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Kein Auslauf mehr für Hunde: Wie die Umwelt-Hauptstadt Hamburg ihre Hundewiesen vernichtet

  • Autorenbild: Christian Ehrhorn
    Christian Ehrhorn
  • 29. März 2017
  • 5 Min. Lesezeit

„Die Zahl der Hunde in Hamburg steigt stetig an und im Gegenzug vernichtet der Senat immer mehr Hundeauslaufflächen!“ Es sind klare Worte, die der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Dennis Thering für das Verschwinden der Hundewiesen in Hamburg findet. Die Hundewiesen am Isebekkanal in Eimsbüttel und im Jenischpark in Altona sind wohl die bekanntesten Fälle.

Lange war besonders bei der Wiese im Jenischpark nicht klar, ob diese wirklich abgeschafft wird. Heidrun Schmitt von den Grünen stellte „Wat Los?“ gegenüber jetzt klar:

„Richtig ist, dass diese Fläche in Zukunft keine Hundewiese mehr sein wird und dies auch mit den Stimmen der Grünen vor Ort beschlossen wurde. Der eigens eingerichtete „Runde Tisch Hunde“ in Altona ist in umfangreichen Beratungen z.T. in öffentlichen Veranstaltungen zu dieser Empfehlung gekommen. Gründe hierfür sind:

• eine massive Beschwerdelage, dass Hundehalter*innen sich nicht an das vorgegebene Areal halten,

• Konflikte mit dem Naturschutz, weil Brutplätze von Vögeln betroffen sind

• der Denkmalschutz, der einen Zaun um das Areal nicht zulässt Wie Sie wissen, ist für den Jenischpark (24.200 m²) eine Ausgleichsfläche vorgesehen. Im Westerpark wird eine weitere Hundeauslauffläche (21.516 m²) neu geschaffen, so dass zusammen mit der bereits vorhandenen Fläche (22.646 m²) dann dort mit insgesamt 44.162 m² für die Hunde zur Verfügung stehen.“


Jedoch werden immer mehr der Auslaufflächen in der Stadt gesperrt oder bebaut. „Für Wohnungsneubau kommt es leider immer mal wieder vor, das Hundeauslaufflächen vernichtet werden und keine neuen errichtet werden“, so Thering weiter. Das sorgt dafür, dass die Regelung im Hundegesetz, nachdem jeder Hundehalter innerhalb von zwei Kilometern eine Hundewiese vorfinden soll, an kaum einem Ort noch eingehalten wird.

„Wir sehen allerdings auch das Problem, dass die Hundeauslaufflächen in manchen Bezirken zurückgehen und die Einhaltung des Hundegesetzes dadurch erschwert wird“, so Heidrun Schmitt weiter. Ein Zustand, der dringender Nachbesserung erfordert, wie auch Dennis Thering findet: „Es ist nicht länger zu akzeptieren, dass es Stadtteile und sogar ganze Regionen gibt, wo weit und breit keine Auslaufflächen vorhanden sind.“


Dies sieht Gert Kekstadt, Tierschutzexperte der SPD-Bürgerschaftsfraktion etwas anders: „Wir wissen um die Freude, die Hal

ter mit ihren Hunden haben, genauso haben wir auch das Wohl der Hunde selbst im Blick. So stehen aus unserer Sicht in Hamburg ausreichend Hundeauslaufflächen zur Verfügung. Zudem besteht die Möglichkeit, Hunde bei bestandener Gehorsamsprüfung von der Anleinpflicht befreien zu lassen. Damit stehen dann neben den Auslaufzonen auch weitere Flächen zur Verfügung. Die Bezirksämter bemühen sich darüber hinaus bedarfsgerecht auf Wünsche nach weiteren Hundeauslaufzonen zu reagieren. Tatsache aber ist: Der im Hamburgischen Gesetz über das Halten und Führen von Hunden definierte Umkreis von zwei Kilometern für die Einrichtung einer Hundeauslauffläche ist aus guten Gründen lediglich ein Richtwert. Ein konkreter Rechtsanspruch leitet sich daraus nicht ab, denn eine starre Anwendung dieser Regelung ist aufgrund der sehr unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten schlicht nicht möglich. In einem dicht besiedelten Bezirk ist es manchmal schwieriger einen umzusetzen, als in Bezirken, die über mehr Freiflächen verfügen. Wir leben in einer Großstadt und müssen den Belangen von Hundehaltern, aber auch von allen anderen Bürgern gerecht werden. Insofern ist es auch bewährte Praxis, Nutzungskonflikte zu bestimmten Flächen zwischen Hundehaltern und Menschen, die sich vor Hunden fürchten oder nicht mit Ihnen in Kontakt kommen wollen, vor Ort zu lösen.“


Wir sprachen mit Hundehaltern über diese Entwicklung. Und ein Verdacht drängte sich bei fast allen in den Vordergrund. Sie haben das Gefühl, die Hamburger Politik will die Hunde aus dem Stadtbild verdrängen. Dennis Thering teilt die Vermutung vieler Hundehalter. „Das Verhalten, insbesondere der SPD (Hundegesetz, Vernichtung von Auslaufflächen, keine Hundestationen usw.), zeigt, dass der Senat nicht besonders gut auf Hunde und deren Halter zu sprechen ist und der Verdacht der Hundehalter begründet ist.“„Für DIE LINKE kann ich dies verneinen“, kommentiere Stephan Jersch von den Linken den Verdacht der Hundehalter. „Ich weiß um einzelne bezirkliche Themen, in denen Vertreterinnen und Vertreter unserer Partei sich durchaus nicht leichtfertig und unter Abwägung verschiedener Gesichtspunkte letztendlich zu Entscheidungen durchgerungen haben, die für Hundehalterinnen und Hundehalter eine Verschlechterung ihrer Situation ergeben haben. Wir schätzen aber Hunde in der Stadt als wichtigen sozialen Faktor für die Halterinnen und Halter. Die dafür notwenigen Voraussetzungen müssen ohne Wenn und Aber sichergestellt werden. Hunde sind also für mich, die Partei und auch die Fraktion ein Bestandteil des Stadtbildes und sollen nicht aus dem Stadtbild verbannt werden.“ „Die Behauptung wir seien „gegen“ Hunde im Stadtbild, ist absurd“, entgegnet auch Grünen-Politikerin Heidrun Schmitt. „Wir setzen uns dafür ein, dass ein konfliktfreies Miteinander möglich ist. Die Einberufung des Runden Tisches in Altona ist ein Beleg dafür. Dort waren betroffene Dienststellen der Verwaltung (Hundekontrolldienst, Polizei, Verbraucherschutzamt, Abteilung Stadtgrün), der Hamburger Tierschutzverein, die Hundelobby e.V., Hundetrainer, und engagierte Privatpersonen vertreten. Zur Umsetzung wurde ein externer Moderator beauftragt.“


Ganz so positiv wie die Grünen sahen aber nicht alle die Zusammenkunft an dem „runden Tisch“. So erklärte und Jule Thumser, 1. Vorsitzende der Hunde Lobby e.V.: „Anders als in Eimsbüttel (Problematik Isepark), hat man sich in Altona den Anstrich gegeben, die Hundehalter mit einzubeziehen und mit Prof. Gansloser einen wirklichen Hundeexperten eingeladen. Das Ergebnis hinterlässt bei der Hunde-Lobby aber das Gefühl, dass das Ergebnis des „runden Tisches“ – sprich die Vorschläge zur Beibehaltung, Streichung bzw. Neueinrichtung von Flächen – bereits von vornherein von Behördenseite und auch seitens der Politiker bereits feststand. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass die Hunde-Lobby, die Jahreslang vom Bezirk auf einen „runden Tisch“ vertröstet wurde, ursprünglich nicht dazu eingeladen wurde.“


Viele der Hundehalter waren aber auch erbost darüber, dass ihnen das Leben mit Hund in Hamburg so schwergemacht wird, trotzdem sie noch immer eine Hundesteuer zahlen müssen. Dazu ergänze Heidrun Schmitt: „Hundeauslaufflächen stehen in keinem Zusammenhang mit der Hundesteuer. Die Hundesteuer ist kein Gegenstand unserer aktuellen politischen Bemühungen.“

Etwas anders sehen es die Linken: „Trotz vorhandener Möglichkeiten zur Steuerbefreiung (z.B. für Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 Prozent, für im Tierheim "erworbene" Hunde im ersten Jahr oder bei Bezug von Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz) ist die Hundesteuer in Hamburg unserer Ansicht nach nicht sozial gerecht gestaltet“, erklärt Stephan Jersch. „Hier besteht Reformbedarf hinsichtlich einer sozial gerechten Ausgestaltung. Die Hundesteuer sollte zweckorientiert für die Hunde bzw. deren Halterinnen und Halter ausgestaltet werden, ist aber momentan eine rein ordnungspolitische Maßnahme zur Begrenzung der Anzahl von Hunden. Einen Boykott der Hundesteuer halte ich dabei aber nicht für zielführend.“


Laut der SPD ist der Grund für die Abschaffung der vielen Hundewiesen der Umweltschutz. Wie mit diesem Vorgehen die Umwelt

geschützt werden soll, wird von der SPD jedoch nicht weiter erläutert. Lediglich die Empfehlung einer Anleinpflicht für Hunde wird

als Grund angegeben. „Das es dem Senat schon lange nicht mehr um Umweltschutz geht, zeigen die zahlreichen Neubauten in Landschaftsschutzgebieten“, erklärt Dennis Thering das Verhalten der SPD. „Auch bei den Hundeauslaufflächen scheint mir das vorgeschoben zu sein. Das insbesondere die SPD ein negatives Verhältnis zu Hunden und deren Haltern hat, hat nicht zuletzt die Diskussion zur Evaluation zum Hamburger Hundegesetzes gezeigt.“ Dies trifft jedoch anscheinend nicht nur auf die SPD zu. Als es um die Abstimmung zur Abschaffung der beliebten Hundewiese in Jenischpark ging, welche auch die Einzige in der Umgebung ist, stimmten die SPD, als auch die Grünen und die Linke dafür. Lediglich die CDU stimmte dagegen. Und versucht es weiter zu verhindern. „Das Thema ist in der CDU laufend auf der Agenda“, erklärt Dennis Thering. „Wir werden uns auch zukünftig für den Erhalt und die Neuschaffung von Hundeauslaufflächen einsetzen.“

Hamburgs erster Bürgermeister, Verfechter des scharfen Hamburger Hundegesetzes, beim scharfmachen eines Hundes (Foto: dpa)

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