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Das ist der Gipfel: Ist Hamburg bereit für G20?

  • Autorenbild: Christian Ehrhorn
    Christian Ehrhorn
  • 6. Juli 2017
  • 5 Min. Lesezeit

Foto: picture alliance / AP Photo

Es sind Tage, denen viele Hamburger mit Sorge entgegensehen. Die Tage, in denen sich die Mächtigsten der Welt in der Hansestadt treffen. Ausnahmezustand ist angesagt und das für große Teile von Hamburg. Der G20 Gipfel, so die Sorge vieler Bürger, wird die Stadt lahmlegen. Auch die geplanten Proteste sorgen für einigen Unmut in der Bevölkerung, da im Internet nicht nur zur Demonstration, sondern auch zur Gewalt aufgerufen wird. Ist es also eine gute Idee, ein solch brisantes Treffen der Staatsmächte in einer Großstadt wie Hamburg abzuhalten? “Als weltoffene und internationale Stadt, die dank des Hafens seit Jahrhunderten über Handelsbeziehungen in alle Welt verfügt, ist Hamburg ein guter Ort für eine Zusammenkunft der G20”, erklärt Jan-Niklas Pries, Pressesprecher des Senats. “Es entspricht dem Optimismus, der Weltoffenheit und Gastfreundschaft unserer Stadt, sich im Sommer 2017 als guter Gastgeber für den G20-Gipfel zu präsentieren. Dieses Ereignis ist somit auch eine Chance für Hamburg. Die Stadt wird für mehrere Tage in den Blickpunkt der Weltpolitik rücken. Hamburg verfügt darüber hinaus über die nötige Infrastruktur und die Hotels, um den G20-Gipfel auszurichten. G20-Gipfel sind größer als G7- oder G8-Gipfel, deshalb haben alle bisherigen G20-Gipfel in Großstädten stattgefunden, zum Beispiel in Washington, London, Pittsburgh, Toronto, Seoul, Sankt Petersburg, Brisbane und zuletzt in Hangzhou. Als kleinste Ausrichterstadt war das mexikanische Los Cabos dabei – aber das ist ein großes Tourismuszentrum mit entsprechenden Hotelkapazitäten. So etwas gibt es in Deutschland nicht.” Ähnlich optimistisch zeigt man sich auch bei der CDU: “Zunächst einmal halten wir es für gut und richtig den G20-Gipfel auszutragen. Es sollte möglich sein, dass sich die wichtigsten Staatsoberhäupter zusammensetzten und beraten können. Auch wegen der Repräsentation unserer Werte und der internationalen, solidarischen und toleranten Kultur unserer Hansestadt ist Hamburg ein passender Austragungsort dieser Veranstaltung. Des Weiteren bietet der G20-Gipfel die Möglichkeit, die internationale Aufmerksamkeit auf Deutschland und die Hansestadt zu lenken und Haltung gegenüber denjenigen zu zeigen, die unsere Demokratie durch Extremismus mit Gewaltpotenzial gefährden wollen”, so CDU-Pressesprecher Sören Niehaus.  

Hamburg im Focus der Welt. Was mit Olympia nicht geklappt hat, soll nun der G20-Gipfel richten? Es klingt jedenfalls so, als wäre der Gipfel eine große PR-Kampagne für die Stadt. Die Hamburger Bürger müssen sich in jedem Fall auf eine Geduldsprobe einstellen. Besonders was den Verkehr angeht. So dürfen z.B die Konvois der Staatsgäste während der Fahrt vom Start bis zum Ziel nicht zum Stehen kommen. Und auch die vielen angekündigten Proteste dürften mit Sicherheit für ein Verkehrschaos sorgen. Und die Umleitungsrouten werden überlastet werden. Besonders Leute mit einem Job in der City machen sich Sorgen darum, wie sie an den Gipfeltagen ihren Arbeitsplatz erreichen. “Das Leben in Hamburg soll an den beiden Gipfeltagen so normal wie möglich bleiben”, versucht Jan-Niklas Pries zu beruhigen. “Ganz ohne vorübergehende Einschränkungen wird es jedoch nicht gehen. Der Gipfel ist eine diplomatische Großveranstaltung mit vielen tausend, zum Teil sehr hochrangigen Delegierten und tausenden nationalen und ausländischen Medienvertretern. Bei allen Planungen haben die Interessen der Bürgerinnen und Bürger besonderes Gewicht, die in der Nähe der Veranstaltungsorte leben und arbeiten. Die Leitlinie lautet daher: So wenig Einschränkungen wie möglich, so viel wie nötig.” Die CDU geht in diesem Fall noch etwas weiter. Sören Niehaus zufolge, müssen sich die Bürger mit den erheblichen Einschränkungen arrangieren, da der Gipfel eine höhere Bedeutung hat: “Ohne Frage sind Einschränkungen der Bürger misslich, insbesondere der Verkehr auf den Straßen in der Innenstadt wird erheblich beeinträchtigt werden. Allerdings ist dies auf einen kurzen Zeitraum begrenzt und wegen der angespannten Sicherheitslage leider kaum zu vermeiden. Wir sind der Ansicht, dass es gerade in der aktuellen politischen Lage von herausragender Bedeutung ist, dass sich die Köpfe der wichtigsten Nationen an einen Tisch setzen. Freie Meinungsäußerung und Demonstrationen sind ein Grundrecht von dem wir wünschen, dass alle Bürgerinnen und Bürger davon Gebrauch machen können. Es sind aber gerade die gewaltbereiten Straftäter aus dem Linksextremen Milieu, die die Sicherheitslage deutlich verschärfen und einen großen Teil der Einschränkungen verursachen.” 

Die Einschränkung, welche die Hamburger Bürger in Kauf nehmen müssen, sollten für die Hanseaten nichts neues sein. Jedenfalls wenn es nach der Meinung von Bürgermeister Olaf Scholz geht. Er verglich die Maßnahmen zum G20-Gipfel mit denen beim Hafengeburtstag. Eine Aussage, die von der Realitätsferne des Bürgermeisters zeugt, wie viele finden: “Bürgermeister Olaf Scholz hat gesagt, er könne den G20 Gipfel in Hamburg durchführen. An diesem Versprechen muss er sich nun messen lassen”, sagt Sören Niehaus von der CDU. “Sein Vergleich mit dem Hafengeburtstag zeigt, dass Herr Scholz sich der Tragweite der Veranstaltung und seiner Verantwortung offensichtlich nicht umfassend Bewusst ist. Damit fällt er vor allem den Polizisten in den Rücken, die sich mit Ansage Tausenden linksextremen Straftätern gegenübersehen. Gleichzeitig stehen die Grünen als Regierungspartei nicht hinter dem G20 Gipfel, sondern sprechen sich im Senat erst dafür aus, um dann als Partei später dagegen zu sein. Das hat mit gutem Regieren nichts zu tun.” “Bürgermeister Scholz sollte es sich mit Vergleichen zum Hafen-Geburtstag nicht zu leicht machen”, meint auch FDP-Pressesprecher Simon Peltzer. “Die Menschen erwarten Aufklärung und Information, nicht Verniedlichungen." Senatspressesprecher Jan-Niklas Pries entgegnet hingegen:” Auch im Zusammenhang mit anderen Ereignissen, etwa bei Sportveranstaltungen oder beim Hafengeburtstag, kommt es zu Verkehrsbehinderungen in der Hamburger Innenstadt. Ähnlich wird es beim G20-Gipfel sein. Auf diesen Umstand – die zu erwartenden Verkehrsbehinderungen – hat der Bürgermeister hingewiesen.” Das die Sicherheitsmaßnahmen zum G20-Gipfel eine ganz andere Dimension erreichen, wie bei anderen Veranstaltungen, lässt sich schon daran erkennen, daß die Hamburger Behörden heimlich den Notstand ausrufen ließ. Und damit auch zahlreiche Kundgebung und Demonstrationen verboten wurden. Im Interview mit der ARD brüstete sich der Bürgermeister noch damit, wie viele Versammlungen rund um den Gipfel doch genehmigt wurden. Was für den Notstand sorgte, war die chronische Unterbesetzung der Hamburger Polizei. So fehlen ganze 21 Hundertschaften von mehr als hundert, die benötigt würden. Somit rächen sich die Sparmaßnahmen des Senats im Bereich der Polizei.  

Auch was die Politiker den Polizisten und Polizistinnen mit diesem Gipfel antun, ist den regierenden Damen und Herren wohl gar nicht klar. Daher hat einer der betroffenen Beamten einen offenen Brief an den Senat geschrieben, in dem er seiner Unmut Luft macht: “(...) Ich habe Gewalt aus allen (un)politischen Richtungen erlebt, wurde bei Einsätzen verletzt und habe fast das ganze Programm bekommen, was man in diesem Beruf erleben kann. Ich weiß also, dass es nicht immer nur angenehme Aufgaben sind, die meine Kollegen und ich bewältigen”, erklärt der namentlich nicht genannte Polizist. “Der von Ihnen geplante G20 setzt all diesen Dingen jedoch die Krone auf. Allein die Kosten, die vermutlich erst nach dem Gipfel abzusehen sein werden, sind eine einzige Frechheit. Soll allein die GeSa (Gefangenensammelstelle) tatsächlich über vier Millionen Euro kosten? Ihr Ernst? (...)” Weiter heißt es in dem Brief: “(...) In dem Bereich in dem ich arbeite, gibt es mittlerweile eine Obergrenze dafür, wie viele Streifenwagen nachts im Einsatz sein dürfen. Wer die davor vorgenommenen Änderungen im Bereich der Sonderzahlungen (Nachtdienste, DzuZ) mal beleuchtet, wird schnell feststellen, dass dort Kostengründe dahinter stecken. Und nun werden wieder Millionen von Euro in Sachen Sicherheit in nur ein paar Tagen, für ein Event von ein paar Stunden, verheizt? (...) (...) Eine komplette Stadt wird lahmgelegt, damit Sie, liebe Staatschefs, Ihre Partner und Freunde, drei schöne Tage in der Hansestadt Hamburg verbringen. In meiner Ausbildung habe ich mal etwas über “Erforderlichkeit” und “Verhältnismäßigkeit” gelernt, nach deren Vorhandensein polizeiliche Maßnahmen geprüft werden sollen. Verraten Sie mir, welchen Durchbruch erwarten Sie auf Ihrer kleinen Klassenfahrt, dass man tausende Bürger in ihren Grundrechten einschränkt, Gewerbetreibenden finanzielle Einbußen zumutet und hunderte Menschen zeitweise in ihren Wohnungen einsperrt? Wie kommen sie darauf, die Grundrechtseingriffe und Maßnahmen, die sie den Bürgern zumuten und durchsetzen lassen, seien irgendwie verhältnismäßig, erforderlich oder sinnvoll? (...)”

Mit Spannung dürfen wir also erwarten, ob bei diesem G20-Gipfel wirklich etwas erreicht wird, wie es Bundeskanzlerin Merkel und Bürgermeister Scholz prophezeiten. Oder ob es, wie so oft in der Vergangenheit, bei hitzigen aber ergebnislosen Gesprächen bleibt. Sollte letzteres eintreffen, sollten die Politiker sich gute Argumente einfallen lassen, wie sie diesen Aufwand für Nichts erklären wollen.  

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