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So mitten in Hamburg und hoch hinaus: 50 Jahre Fernsehturm

  • Autorenbild: Christian Ehrhorn
    Christian Ehrhorn
  • 23. Apr. 2018
  • 8 Min. Lesezeit

Gastbeitrag von Kerstin Engel 

So wie das Franzbrötchen, das Moin, das Alsterwasser, die steife Brise und der Regen zu Hamburg gehören, so gehört auch das Hamburger Wahrzeichen hierher. Wer braucht schon einen Eifelturm, wenn wir Hamburger doch unseren Elfenbeinturm haben. 

Momentmal der war das nicht, dachte hier gerade an Dornröschenschlaf und so. Wir haben in Hamburg voll und ganz denGlanz des Fernsehturms. So genau stimmt das nun auch nicht. Schon bereit für ein Rätsel: Er ist da, aber nicht wirklich da. Für uns ist er jedenfalls mehr da, als wir für ihn, der Heinrich-Herz-Turm. Macht das gerade Sinn? Klingt ziemlich kompliziert, ist es aber gar nicht. Das Rätsel kannst du bestimmt lösen. Wenn nicht jetzt, dann sicher ganz bald. Der Tele-Turm wird in diesem Jahr goldige 50 und die Wieder-Eröffnung wird kommen. Das wissen wir schon, danke. Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern…bla… bla…. bla. 

Wir wissen auch, dass Planung noch nicht gleichbedeutend mit Eröffnung ist, und die kann bekanntlich dauern. Wenn ich da an die Elphi zurückdenke, rollen meine Augen ganz automatisch. Ein bisschen geht mir das auch so, wenn ich über den Fernsehturm in der Zeitung lese, ich rolle mit den Augen. Das läuft ganz automatisch ab, Reflex meine ich. Bla…bla..bla… und so habe ich das Thema für mich schon wieder abgehakt. Hey, wir leben in einer schnelllebigen Stadt und Zeit, da kann ich mich schließlich nicht stundenlang mit „alten“ Themen beschäftigen, vor allem wenn sie nicht wirklich weltbewegend sind. 

Der Heinrich-Herz-Turm ist so selbstverständlich für uns Hamburger geworden, dass wir ihn gar nicht mehr beachten oder als besonders wahrnehmen. Und das, obwohl er in der Stadt so herausragend steht und viele den Turm tagtäglich, auf ihrem Weg zur Arbeit und zurück, sehen. Wir denken nicht darüber nach, was wir ohne diesen Turmtäten. Wir hätten wahrscheinlich mehr Zeit, dafür aber definitiv mehr Chaos in der schönsten Stadt. Wollen wir das? Häh, warum das denn nun? Wie ist das gemeint? Mehr Zeit für uns? Erklärung bitte. 

Bist du bereit für Drama, Romanze, Kult, Kultur, Liebe, Nostalgie und Nonsense, dann geht es jetzt weiter … zum Tele-Michel. Immer hier entlang meine Damen und Herren und liebe Kinderlein. Diemeisten Menschen springen auf Drama besser an als auf Romanze, habe ich gelesen. Keine Sorge, jeder kommt hier auf seine Kosten und deshalb fangen wir jetzt mit dem Drama an und kämpfen uns dann zum guten Ende, ich meine natürlich zum gutem Neuanfang des Heinrich-Hertz- Turms gemeinsam und gewissenhaft durch, einverstanden? Alles fing vor einiger Zeit an. Ein paar Jahre ist es wohl her, dass ernsthaft wieder über die Inbetriebnahme unseres Fernsehturms nachgedacht wurde. Zuvor wurde es ab und zu mal angedacht, aber nicht wirklich durchgedacht. Einige Publikationen finden sich darüber im Internet, aber besonders viel gibt es darüber nicht nachzulesen. Bla, bla, bla und wann kommt das Drama? Gleich! Versprochen! Geht schon los.

Jetzt kommen wir zum Drama, haltet euch fest. Was wäre wenn… …wenn es tatsächlich morgen den Heinrich-Hertz-Turm nicht mehr gäbe?

Unser gutes altes Telefon, unser komplettes Mobilfunknetz würde ins Schlingern geraten, das digitale TV könnten wir auch vergessen. Mehr Zeit für die Familie sag ich nur, aber wer will das schon. Vor allem sonntags wenn die Eltern dem Sprössling die Cartoons anmachen, um dann noch genüsslich eine Runde weiterzuschlafen. Das ist Drama pur. Alles schon durchgemacht. Die Polizei wüsste gar nicht mehr welchen Einsatz sie fahren sollte und würde sich womöglich mehr auf Fahrradfahrer die rote Ampeln überfahren konzentrieren… huch. Darüber könnten wir einmal in Ruhe nachdenken, bevor die Flimmerkiste und das Handy nicht mehr funktionieren und der Polizist den Einsatz verpasst.Und wie kann uns der Zoll vor Betrügern schützen? Ohne Funk wären die Fälscher dann schon lange über die Harburger Berge hinweg.

Der strahlende Heinrich-Hertz-Turm. Wer kennt ihn nicht? Wer durfte nicht schon einmal den sagenumwobenen Geschichten seiner Eltern oder Großeltern lauschen, die allein bei dem Gedanken über den 5 D-Mark Deal „Kaffee und Kuchen satt“ mit gleichzeitigem Rundumblick über die Stadt ganz glänzende, verklärte Augen darüber bekommen. Hörte sich damals so aufregend an, als sei man James Bond persönlich der waghalsig und kopfüber über den Dächern dieser Stadt aus einem Helikopter hängt… hing. Deshalb fand bestimmt auch damals das erste Date meiner Eltern dort statt. Die Geschichte habe ich schon tausendfach gehört und sie fängt immer an mit: „Weißt du noch Liebling, als wir uns zum ersten Mal auf dem „Funkturm“ trafen und unsere Funken nur so sprühten und wir uns gleich da sofort ineinander verliebten… Jedes Mal wenn sie zu Besuch in Hamburg sind, fangen sie wieder davon an… End-los-schleife.

Sich mit hanseatischer Gediegenheit in die Schlange einzureihen, das hat(te) Kult vor dem Fernsehturm. KleinerKlönschnack mit Rainer und Hildegard vorab, das hatte immer was. 

Früher war da noch die Hoffnung, Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt nebst Gattin dort gemütlich beim Kaffee und Kuchen anzutreffen, aber diese gute alte Zeit ist leider vorbei. Zeit für Neuanfang. Heute (er)sparen wir uns dafür den ausgedehnten Englisch Kurs bei der Volkshochschule und gehen stattdessen zum Englisch-Crash-Kurs zum Hamburger Fernsehturm. Dort lernen wir in entspannter Atmosphäre vor dem Fahrstuhl, worauf es beim Small Talk wirklich ankommt.“Hands on experience“ nennt man das heutzutage, glaube ich. Darüber hinaus lernen wir viel über die verschiedenen Akzente, bei Coffee, Kaffee, Tee und Kuchen. Internationaler Kurztrip, Social-Event, Marketing, Multimedia. Wenn das kein „internationaler“ Anreiz ist, und das alles bei uns gleich um die Ecke. 

Ich jedoch werde da aus purer Sentimentalität aufschlagen. Möchte dort, wie meine Eltern es schon taten, die Liebe meines Lebens treffen. Retro, Nostalgie und Socializing, das trifft den Zahn der Zeit und mich auch. Da sind wir doch dabei. Geh gern online, schau dich schlau, da findest du alles über deine Verbindung zum Funkturm. 

Das war sicher auch einer der Gründe, warum einige Hamburger sich schließlich sehr ernsthaft Gedanken über die Zukunft unseres Fernsehturms gemacht haben. Fest entschlossen sind sie seitdem dabei, etwas für die Menschen in der Stadt und für die Stadt zu bewegen. Durch diese Bewegung nimmt dieses Projekt gerade tüchtig an Fahrt auf, Gelder wurden locker gemacht, Weg frei für das Projekt „Rettet den Fernsehturm“. Ist doch echt klasse, wenn Menschen mit so viel Begeisterung und Motivation für ihre Stadt dabei sind und das mit Erfolg schaffen. Projekte wie diese dürfen wir persönlich nehmen, das geht uns alle etwas an und schweißt uns als Hamburger zusammen. Da ziehen wir gleichzeitig an einem Strang, oder besser noch an einem Tau. Ich fühle mich verbunden mit dieser Stadt und das nicht nur wegen der Geschichte meiner Eltern. 

Ich selbst habe hier etwas Besonderes erlebt, das muss ich kurz erzählen, es hat mich berührt, bewegt.

Kleine Anekdote Ich bin relativ neu in der Stadt und habe keinen Orientierungssinn, das ist Fakt. Das Kennenlernen dieser Stadt deshalb auch ein langer und beschwerlicher Weg, oft in Verbindung mit dem Wort „Umweg“. Hätte ich mein Fahrrad und die netten Hamburger nicht gehabt, ich wäre hier an den vielen Straßenkreuzungen verzweifelt, ehrlich. 


Nicht lang nach meinem Umzug verirrte ich mich wieder einmal und fragte eine nette ältere Dame nach dem Weg. Sie schaute mich nur einen Moment mit großen Augen an und handelte sofort.



Die Dame bat mich kurzerhand mein Fahrrad in den Kofferraum ihres Autos zu verstauen. Ich tat das, unüberlegt, ohne zu überlegen. Sie bestand darauf mich nach Hause zu fahren, ich wohne Nähe



Kampnagel, sie in Blankenese. Ich bin ihr bis heute dafür dankbar.



Ich glaube von dem Moment an wurde aus der anfänglichen Liebelei zur Stadt Hamburg, meine Perle daraus.



Das verbindet mich mit Hamburg, die Menschen die hier leben. Diese gestalten und formen die Stadt und machen sie dadurch so liebenswürdig und lebenswert für dich, für mich, für uns.




Das Projekt „Rettet den Fernsehturm“ ist deshalb nicht abstrakt, denn jeder Hamburger versteht worum es beim Fernsehturm geht und wie sehr dieser die Menschen hier miteinander verbindet.




Ein kleiner Beitrag und sei es nur ein paar Gedanken darüber: „Wie soll die Wiedereröffnung des Heinrich-Hertz-Turms aussehen“, reichen doch schon aus, um sich als Partizipant unserer Stadt



zu fühlen. Unser Tele-Michel steht mittendrin in unserem Leben, im Herzen unserer Stadt.



Sicher von außen unter „Denk-mal-Schutz“, heimatlos von innen weil der „Brand-Schutz“ fehlt.



Die Redensart „Von außen hui, innen pfui“ fällt mir dabei ganz spontan ein.



Das heißt doch so viel wie: „Auf den ersten Blick gut, in Wirklichkeit schlecht“ oder anders formuliert:



“Nicht repräsentabel, aber repräsentativ.“



Wenn das mal nicht so voll und ganz und somitten- rein den Kern des Turmes trifft, denke ich gerade.




Deshalb ihr Lieben haben wir uns ja hier zusammen auf den Weg gemacht und es vom Drama bis zur



Nostalgie und dem Nonsense gerade noch mit Ach und Krach rechtzeitig zum goldenen 50-igsten des Fernsehturms gemeinsam geschafft!



Glück gehabt sage ich nur, wenn einige Wenige via Radio-Hamburg-Funk den Preis bereits gewonnen (abgeräumt) haben und darum die Stufen des Turmes schon zum 50.Geburtstag



erklimmen können. Wir anderen dürfen dabei gern seelenruhigmit Freunden und Familie nach oben sehen, bevor wir in ein paar Jahren alle als Gewinner auch sicher wieder da oben stehen.




Der Heinrich-Hertz-Turm ist ein Gewinn für Hamburg, unsere Stadt. Der Turm steht und die Hamburger stehen dahinter, so viel ist mir klar, genauso klar wie die baldige Wiedereröffnung unseres Tele-Turms.




Wenn sich in naher Zukunft die Aussichtsplattform des Tele-Michels also aufs Neue für die Öffentlichkeit dreht, dann dreht sich auch für uns der Kreis der schönen Erinnerungen wieder weiter und weiter - wenn das mal nicht unter “ Denk-Mal-Pflege“ fällt.




2020… 2021...2022… na gut… spätestens aber 2023 heißt es dafür bestimmt wieder:



„Kuchen und Kaffee satt auf dem Fernsehturm“, auf geht es, (los) sei dabei.



Des Rätsels Lösung ist, wie versprochen, nun zum Greifen nah.



Wer mag, übersetzt uns das gern ins Englische… kann dein Beitrag sein.



You are welcome… 


Gedicht: Der Turm

Der Turm, der sich traute erneut im Licht des Tages zu strahlen. Einst stand er nur da, verloren und einsam, fast in Vergessenheit geraten und das so mitten in der Stadt. Trotz des goldenen Lichts der Abendsonne, wollte der Turm einfach nicht mehr strahlen. In schwindelnder Höhe auf seinen Abgrund schauend, sah er das Ende ganz nah vor sich. Nur ein Warten in schwindelerregender Höhe begleitete das Turmleben, die Aussicht dabei unklar und verschwommen, selbst an sonnigen Tagen ging es ihm so. Traurig und starr stand er da, bis irgendwie eines Tages wieder Hoffnung in ihm aufkam. Warum und wieso das wusste keiner so genau, der Turm jedenfalls gab die Hoffnung nicht auf. War es die strahlende Sonne die dem Turm versuchte wieder Leben einzuhauchen, es aus seinem bösen Traum zu befreien, aus dem tiefenDornröschenschlaf zu erwecken? Der Turm strahlte selbst so viel ihm möglich war, aber der Glanz der guten alten Zeiten blieb dabei aus. In einer der darauffolgenden Jahre erbarmte sich Einer und überschüttete ihn mit weißer Farbe, wohl damit er äußerlich nicht so alt und gräulich wirkte. Es ließ den Turm mit etwas Stolz, rein äußerlich, zurück, aber besser fühlte er sich innerlich dadurch wahrlich nicht. Der Turm, der arme Tropf. Es tröpfelte, es tropfte, es regnete, es goss in Strömen, immer auf den Turm hinab. Er hielt sich wacker jeden Tag, sogar an Sonntagen, obwohl ihm gar nicht danach war. Eines späten Tages kam jemand ganz gedankenverloren am Turm vorbei. Just in dem Moment schien die untergehende Sonne auf den Turm und der Gedankenverlorene sah genau darauf. Plötzlichwurde er sich der Schönheit und Ästhetik des alternden Turmes bewusst. Er nannte es die Idee von Romantik, Tradition und Nostalgie und nahm sich seiner an; brachte Statiker, Innenarchitekten, Menschen mit Visionen mit heran, die nun mit Begeisterung auf den Turm schauten, so als wäre dieser neu und sei vorher nie da gewesen. So kam die Hoffnung ganz in den Turm zurück. Seit dem Tag strahlt er wieder voller Morgenröte und fiebert mit Vorfreude seiner Zukunft entgegen. Es geht bald für den Turm wieder hoch hinaus; ein paar Jahre mehr machen ihm da auch nichts aus. Viele Menschen werden ihn dann wieder ganz aus der Nähe betrachten und aufgeregt sein, wenn sie staunend von oben herab die Aussicht auf die Stadt genießen und weit über den Horizont hinweg sehen können. So sticht der Turm im goldenen Abendlicht zu seinem 50-igsten ganz voller Stolz erneut heraus und kann es kaum abwarten, bis alles hanseatisch strahlend fein wieder „aufgeht“, im Hamburg Turm.  

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