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Liebe kennt kein Geschlecht

  • Autorenbild: Christian Ehrhorn
    Christian Ehrhorn
  • 27. Juli 2016
  • 4 Min. Lesezeit

Obwohl es längst Normalität sein sollte, ist es für viele noch immer ein Tabuthema: Homosexualität. Noch immer müssen gleichgeschlechtliche Paare sich für ihre Liebe rechtfertigen, werden beleidigt und sogar als geistig krank bezeichnet. Für den Fotografen Sven Hoppmann eine nicht hinnehmbare Situation. Und so entschied er sich eine Fotoserie zu entwickeln, die auf dieses Thema aufmerksam machen sollte. Mit erfolgt. Unter dem Titel „Liebe kennt kein Geschlecht“ wurde sie zu einem viralen Hit im Internet. Wir sprachen mit dem Fotografen über seine Arbeit und das Thema der gleichgeschlechtlichen Liebe in unserer Gesellschaft.

Fotos: Sven Hoppmann

Wat Los?: Was hat Sie zu der Idee für diese Fotoserie inspiriert? Sven Hoppmann: Gemeinsam mit meiner Freundin habe ich mich irgendwann gefragt, warum es immer noch Menschen gibt, die sich für ihre Liebe rechtfertigen müssen. Für uns selbst kein Thema, haben wir mit Entsetzen feststellen müssen, dass es noch immer soviele Mauern in den Köpfen gibt. Was erklären wir unserer Tochter auf die Frage „Warum dürfen die sich nicht liebhaben?“. So wuchs nach und nach die Idee für das Projekt.

Guckt man sich die Fotos an, sieht man, dass sich homosexuelle sowie heterosexuelle Menschen für mehr Toleranz gegenüber der gleichgeschlechtlichen Liebe aussprechen. Haben Sie einen Aufruf für diese Fotoserie gestartet oder wie sind sie mit den Personen zusammengekommen? Ich habe im Freundeskreis und über meine Facebookseite herumgefragt. Am Ende waren es zwei Shootings, mit einigen Monaten Abstand. Im Laufe der Veröffentlichungen erreichten mich aber zahlreiche Nachrichten von Menschen die ebenfalls mitmachen wollten, was mich sehr freute, aber leider zu spät für das laufende Projekt war.

Haben Sie die Statements auf den Schildern vorgegeben oder haben sich die Personen auf den Fotos diese selber erdacht? Die Statements sind nicht von uns und teilweise auch schon recht bekannt. Die Sprüche wurden vorgegeben und die Teilnehmer haben sich dann das passende rausgesucht. Nach Veröffentlichung der Fotoserie gab es anscheinend vermehrt negative Reaktionen. Wie

sahen die aus und von wem kamen diese? Die Reaktionen haben mich überrollt. Mittlerweile ist die große Welle schon 1,5 Jahre her, aber

damals erreichten die Fotos eine Reichweite von mehreren Millionen Menschen bei Facebook. Dementsprechend kam es dann auch zu tausenden Kommentaren, von denen auch relativ viele unsachlich, beleidigend oder schlicht und ergreifend homophob waren. Nicht das typisch nervige „Ich will aber nicht Sehen wenn zwei Männer sich küssen“ war das eigentlich schlimme, sondern mit welcher Selbstverständlichkeit Homosexuellen eine Krankheit von manchen Menschen attestiert wurde. Ich bin ein Mensch der gerne und viel redet. Und auch diskutiert. Aber bei den tausenden Kommentaren bin ich einfach nicht mehr hinterhergekommen und habe die schlimmsten Beleidigungen und Bedrohungen einfach irgendwann gelöscht und die Menschen blockiert. In diesem Jahr zum Internationalen Tag gegen Homophobie kam wieder Schwung in die Sache, als ich die Bilder einfach nur erneut geteilt habe. Ein wesentlicher Kritikpunkt von vielen der Negativschreiber war die vermeintliche Kritik an den Sprüchen bei denen es um Religion ging. Dabei hat man sich aber selten mit dem Spruch selbst beschäftigt, sondern einfach losgeschimpft. Ich finde es gut das Menschen etwas haben an das sie glauben. In meinem Fall ist das aber keine Religion und die Religion und der Glaube anderer sollte mich oder in diesem Fall Homosexuelle nicht einschränken. Wichtig war aber auch, dass es wesentlich mehr positives Feedback zum Projekt gab. Ich habe Emails, Facebooknachrichten und Kommentare aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz bekommen und war davon überwältigt.

Gab auch schon während der Planung kritische oder negative Stimmen für ihr Projekt? Da war es eher immer wieder die Frage ob man denn überhaupt so ein Projekt braucht, da Homosexualität doch überhaupt kein Problem sei und Homosexuelle eben auch keine Probleme hätten. Aber solange ein „Schwuchteln muss man vergasen“ oder „Alle krank“ unter den Bildern kommentiert wird, muss es auch solche Projekte geben.

Es wird immer wieder gesagt, in der westlichen Welt wäre man toleranter und aufgeschlossener als in anderen Teilen der Erde. Glauben Sie, das gilt auf für das Thema Homosexualität? Ich glaub das hat wenig mit der westlichen Welt, sondern mit dem Menschen im Einzelnen zu tun. Natürlich gibt es Länder in denen Homosexuelle noch immer eingesperrt oder auch mit dem Tode bestraft werden, was in Europa zum Glück nicht der Fall ist. Aber man muss nur nach Russland schauen um krasse Unterdrückung auf Grund einer so natürlichen und nicht selbst gewählten Sache zu sehen. Und solange gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht in allen Belangen und Definitionen mit meiner Freundin und mir oder Mann und Frau gleichgesetzt sind, ist es auch hier keine völlige Freiheit. Schließlich verlangen Homosexuelle keine Sonderrechte, sondern nur die Rechte die alle anderen auch haben.

Besonders die Religionsgemeinschaften sehen das Thema der gleichgeschlechtlichen Liebe sehr kritisch. Was meinen Sie, warum ist das so? Ich denke auch hier kommt es auf den Menschen an. Diese altbackene Vorstellung, die oft verkauft wird, ist auf die heutige Zeit gar nicht mehr anzuwenden. Ich kennen viele gläubige Menschen, die zum Teil auch beim Projekt mitgewirkt haben, die sich an den Kopf fassen, wenn sie Kommentare wie „Gott will das nicht“ oder „Du wirst in der Hölle schmoren“ lesen. Gruselig fand ich nur z.B. eine professionelle Hochzeitsfotografin, die auf Grund ihres Glaubens keine gleichgeschlechtlichen Hochzeiten fotografieren würde. Mir fehlt da absolut das Verständnis. Insgesamt denke ich, dass die Glaubensgemeinschaften da auch offener werden. Werden müssen. Selbst wenn es auch immer ein paar übermotivierte Superchristen geben wird, die für sich den einzig richtigen Glauben gefunden haben und denen mit Argumenten nicht zu helfen ist.

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